Sterbende und ihre Angehörigen nicht im Stich lassen

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Dennys Bornhöft zu TOP 13 „Sterbende und ihre Angehörigen nicht im Stich lassen“

-Rede zu Protokoll gegeben-

„Einsam sein ist nur in den seltensten Fällen schön. Meistens ist es eher bedrückend. Am schlimmsten aber muss es sein, wenn man an seinen letzten Tagen einsam ist. Wir alle haben noch die Berichte im Ohr von Menschen, die im ersten Lockdown verstorben sind, ohne noch mal ihre Angehörigen gesehen oder gehört zu haben. Die Pandemie brachte uns so in eine Ausnahmesituation, in der stationäre Einrichtungen so streng abgeriegelt werden mussten, dass selbst der letzte Abschied oft nicht möglich war. Wir sind uns alle einig, dass dieser Zustand in Schleswig-Holstein nie wieder eintreten darf.

Es ist wiederum aber leider so, dass nicht nur ein kurzfristiger Lockdown der Grund dafür ist, dass Menschen in Einsamkeit von uns gehen. Ob während der Nachtzeit in einem Pflegeheim oder einer Klinik oder aber allein zu Hause – in vielen Fällen kann nicht immer gewährleistet werden, dass eine möglichst vertraute Person in den letzten Lebensstunden bei einem ist. In Zeiten, in denen Singlehaushalte zunehmen, vielfach die Mobilität aufgrund des steigenden Alters abnimmt, steigt auch die Einsamkeit und damit die Zahl an Personen, die einsam von uns gehen. Geschätzt sterben schon jetzt zehn Prozent aller Menschen ohne Angehörige oder Familie und unbegleitet. Dies muss aber nicht so bleiben! Sterbebegleitung erfolgt ehrenamtlich wie hauptamtlich überwiegend vor Ort, im direkten Austausch mit dem Menschen.

Es gibt aber auch andere Formate wie die telefonische Seelsorge oder gänzlich digital. Diese Formate aus der Ferne sind keine ersetzende, sondern eine ergänzende Hilfe. Es kommt darauf an, wie der betroffene Mensch am besten mit dem dahinscheiden umgehen kann. Auch für jene, die kein Vieraugengespräch möchten, aber sich trotzdem austauschen wollen und Redebedarf haben, kann so eine Hilfestellung geleistet werden. Mit dem Sterbenotruf soll die Versorgungslücke zwischen der aktuellen Notfallhilfe mit dem medizinischen Notruf 112, dem Notarztwagen-System und der punktuellen Unterstützung durch Psychosoziale Notfallversorgung oder Telefon-Seelsorge geschlossen werden. Das betrifft sowohl die notfallhilfeorientierte Begleitung von sterbenden Menschen als auch die kurzfristige, konkrete und direkte Unterstützung von begleitenden und trauernden Angehörigen.

Ich bin sehr erfreut, dass sich inzwischen eine Initiative gegründet hat, welche sich momentan noch im Aufbau befindet, die einen möglichst deutschlandweiten Sterbenotruf etablieren möchte und durch die Kampagne ‚WirVsVirus‘ unterstützt wird. Es macht Sinn, dass die Bundesländer hierbei ergänzen und unterstützen, um Engagement und Ressourcen zu bündeln und nicht Parallelstrukturen zu schaffen. Daher ist uns auch eine sehr enge Einbindung der vielen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen der Hospiz- und Palliativversorgung wichtig, insbesondere natürlich mit dem HPVSH. Die interdisziplinäre Zusammensetzung der Initiative Sterbenotruf ist außergewöhnlich.

Sie setzt sich zusammen aus: Sterbebegleiterinnen und Sterbegleitern, Sterbeammen und Sterbegefährten, Koordinatorinnen und Koordinatoren ambulanter und stationärer Hospizdienste, Social Entrepreneurs, Künstlerinnen, Social-Media-Redakteurinnen und -Redakteuren, Philosophen, Theologinnen, Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern, Medizinerinnen und Medizinern, Gruppenführer des Katastrophenschutz, Krankenpflegekräfte, Psychologie-Studierenden, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Pädagoginnen und Pädagogen und Coaches.

Mit ihrer Arbeit leisten sie zudem einen Beitrag bei der Umsetzung der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. Dieses Abkommen, welches in Deutschland durch die Träger der Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), des Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) und durch die Bundesärztekammer (BÄK) vertreten wird, will die Aus-, Fort- und Weiterbildung, Forschung, Politik, Qualitätsmanagement, Arzneimittelversorgung und allgemeine Zugänglichkeit stärken. Der letzte Punkt wird hier angesprochen mit einem niederschwelligem Zugang zur Hilfe – mit dem Sterbenotruf.

Ich möchte mich ausdrücklich bei den über 2.000 ehrenamtlichen und hauptamtlichen Tätigen im Palliativ- und Hospizbereich in Schleswig-Holstein bedanken. Insbesondere möchte ich mich für die FDP-Fraktion bei Herrn Dr. Repp und Frau Ohlsen vom HPVSH und dem Sozialministerium und Minister Garg bedanken, die neue Ideen und Innovationen stets positiv aufnehmen bzw. vorantreiben, so nun auch bei der Initiative Sterbenotruf.“