Palliativ- und Hospizsituation in Schleswig-Holstein

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Dennys Bornhöft zu TOP 59 „Palliativ- und Hospizsituation in Schleswig-Holstein“

Die Palliativmedizin erfährt selten eine offene Debatte in der breiten Bevölkerung, denn über das Sterben, so unvermeidlich es ist, wird in Deutschland ungerne geredet. Häufig wird die palliative Arbeit verkürzt nur als Sterbebegleitung verstanden. Dabei ist sie viel mehr als das. Sie ist vielmehr eine Medizin des Lebens: Denn Palliativmedizin hat das Ziel, die Schmerzen und Einschränkungen einer unheilbaren Erkrankung zu lindern.

Hospize sind ganz besondere Orte, mit hohem Engagement, hoher Empathie und ebenso hoher Kompetenz. Für Familien und Freunde ist es gut zu wissen, dass sich um die Liebsten gekümmert wird, dass alles getan wird, um ihnen die Schmerzen zu nehmen und die letzten Wünsche zu erfüllen. Wenn man selbst hilflos ist, mit der eigenen Trauer überfordert, tut es gut zu wissen, wenn der Angehörige professionell umsorgt wird. Es ist eine Erleichterung in einer sonst schweren, traurigen Zeit. Gute Pflege führt häufig dazu, dass Menschen länger leben und es ihnen über eine gewisse Zeit wieder besser geht. Sie erleben das, was Palliativmedizin erreichen will: leben statt leiden.

Um eine solche Betreuung zu gewährleisten brauchen wir eine gut ausgebaute und flächendeckende Versorgung mit Hospiz- und Palliativangeboten. Nicht nur im Sinne einer stationären und ambulanten Versorgung, sondern auch von mobilen Angeboten. Die 83 in Schleswig-Holstein zum derzeitigen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Plätze in stationären Einrichtungen reichen nicht aus. Kürzlich ist Gettorf mit zehn Plätzen hinzugekommen, Norderstedt wird mit weiteren 14 Plätzen folgen. Itzehoe und Schleswig sind im Bau. Im nördlichen Ostholstein hat sich gerade ein Förderverein gegründet. Auch der VPHSH geht davon aus, dass wir voraussichtlich Ende 2024 die von der Bertelsmann-Studie empfohlenen Ziele erreichen.

Viele Fortschritte hat es in den vergangenen Jahren gegeben: neue Formen der Zusammenarbeit von ambulanter und stationärer Begleitung, der ehren- amtlichen und professionellen Kooperation wurden erprobt und etabliert. Die Koordinierungsstelle hat erfolgreich ihren Dienst aufgenommen. Ganz ausdrücklich soll ich von der Koordinierungsstelle Dank für die Räumlichkeiten, in denen sie nunmehr arbeiten, ausrichten. Modellprojekte wurden auf den Weg gebracht, weitere sind geplant. So wird derzeit an einem Tageshospiz, wie es sie in Österreich bereits gibt, gearbeitet – als Bindeglied zwischen vollstationärer und ambulanter Versorgung.

Gestern sprachen wir im Landtag über ein digitales Kurzzeitpflegeportal. Digitalisierung ist ein Instrument, welches – mal im Kleinen, mal im Großen – in allen Lebenslagen helfen kann. So hatte sich, ein stückweit aus der Not entstanden, von März bis Mai eine digitale Sterbebegleitung entwickelt. Der Gedanke hierbei war, dass man natürlich auch Abschied nehmen möchte, am besten natürlich von Angesicht zu Angesicht. Wenn die persönliche Nähe aber nicht möglich ist, ist es aber wohl immer noch besser, dies über eine Videoschalte und Tablet machen zu können als gar nicht. Es ist ein hochsensibles Thema und natürlich auch mit Diskussionen in den Einrichtungen begleitet, aber überwiegend wurde es als positive Ergänzung gesehen. Zahlreiche Spenden und Unterstützung von Institutionen und Unternehmen hat es hierfür gegeben, u.a. von der Informatik der CAU Kiel, dem Sparkassen- Giroverband oder der Vater Unternehmensgruppe.

Die Zeiten im Frühjahr, wo alle Einrichtungen für Besucher geschlossen waren, waren besonders schwer. Vom VPHSH kam aber die Rückmeldung, dass die Absprachen zwischen der Landesregierung und den Hospizen sehr eng und vertraut gewesen sind, was auch dazu geführt hat, dass in Schleswig-Holstein früher als in den meisten anderen Bundesländern wieder Besuch möglich war. Es gab meines Wissens keinerlei Corona-Fälle in stationären Hospizen, weder bei Bewohnern, noch bei Angehörigen oder Personal. Laut Aussagen der Koordinierungsstelle hat die Beschaffung von persönlicher Schutzausrichtung entgegen der Befürchtungen gut geklappt. Ebenso konnte durch das landeseigene Pflegebonusprogramm dafür gesorgt werden, dass die Teams der SAPV (Spezielle Ambulante Palliative Versorgung) auch eine Geldleistung erhalten.

Einen Menschen in den Tod zu begleiten ist eine anspruchsvolle und schwierige Aufgabe, die Kraft kostet und die Anerkennung verdient. Daher möchte ich zum Abschluss denjenigen herzlich danken, die all dies möglich machen: zum einen den Menschen, die in den Hospizen- und in der Palliativmedizin arbeiten. Das gilt auch für die über 2.000 ehrenamtlich Tätigen, ohne die diese Arbeit so nicht möglich wäre. Dazu gehören auch die Familien, die Angehörigen und die Freundinnen und Freunde der Schwerstkranken. Sie alle helfen, ein Sterben in Würde zu ermöglichen – sei es zu Hause oder in einem Hospiz. Danke für ihre Kraft und ihr Engagement.“