Maßregelvollzugsgesetz

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Dennys Bornhöft zu TOP 3+4 „Maßregelvollzugsgesetz“

„Sowohl beim Maßregelvollzug als auch beim Gesetz zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen, kurz PsychHG, befindet man sich im Spannungsfeld zwischen psychiatrischen Maßnahmen und rechtlichen Sicherungsmaßnahmen, zwischen ärztlich- therapeutischen Belangen und juristischen Normierungen. Im Sommer 2018 gab es eine wegweisende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über Vorgaben der Fixierung von Personen in jenen Einrichtungen. Karlsruhe forderte somit zwingend zu Anpassungen von landesrechtlichen Vorschriften auf. Wir haben diese Aufforderung genutzt, das seit 2008 fast unverändert geltende Recht, nach dem Fixierungen auch gegen den Willen der Menschen möglich sind, zu novellieren. Somit wird mit den vorliegenden Ge- setzentwürfen also nicht nur das Verfassungsgerichtsurteil umgesetzt, sondern auch die fortgeschrittene Entwicklung in der Therapiepraxis eingearbeitet.

Die beiden Fälle aus Baden-Württemberg und Bayern, die zum Entscheid des Bundesverfassungsgerichts geführt haben, handelten von jeweils mehr- stündigen Fixierungen an allen Extremitäten sowie am Bauch als auch am Kopf. Diese waren jeweils zwar ärztlich angeordnet, jedoch nicht erneut richterlich beschieden worden. Vor dem Karlsruher Urteil wurde es so gesehen, dass die richterliche Anordnung zur Unterbringung in einer forensischen Klinik auch das etwaige Fixieren gleichfalls mit erlauben würde. Die schlüssige Logik des Verfassungsgerichts hierbei ist, dass die Unterbringungsanordnung in eine geschlossene Einrichtung einerseits zwar ein Freiheitsentzug ist, es allerdings eine andere Form des Freiheitsentzuges ist, wenn für mehr als 30 Minuten oder auch wiederkehrend der ganze fixiert wird und somit eine Bewegungsfreiheit besteht, die gegen null tendiert. Diese besondere Sicherungsmaßnahme muss erneut durch Richterbeschluss angeordnet sein; eine ärztliche Anordnung zur Fixierung reiche hierfür nicht aus.

Die Fixierung, vor allem die Mehrpunkt-Fixierung, wird in dieser Novelle nun natürlich auch in Schleswig-Holstein unter Richtervorbehalt gestellt. Der Anforderung der Eins-zu-eins-Betreuung tragen wir bei dieser Anpassung ebenso Rechnung. Da bei Fixierungen sowohl der Freiheitsentzug auf der einen Seite, aber auch der Schutz vor Eigen- als auch Fremdgefährdung auf der anderen Seite eine Rolle spielen, war die Umsetzung natürlich in eine längere und kontroversere Debatte im Ausschuss als auch in so manchem Fraktionsarbeitskreis eingebettet. Ein paar Aspekte und damit weitere Änderungen möchte ich gerne aufgreifen: Besuchsdelegationen, wie z.B. die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, erhalten ein gesetzlich normiertes Akteneinsichtsrecht, um deren Arbeit und Einsatz für Menschen in jenen Einrichtungen zu stärken – natürlich unter Wahrung der Persönlichkeits- rechte der Bewohnerinnen und Bewohner.

Der Schutz des Fachpersonals, das ein enormes Engagement einbringt, ist ein wichtiger Punkt, da leider auch im Maßregelvollzug natürlich ungewollte Situationen entstehen können. So wurde Klarheit geschaffen bezüglich der Durchsuchung von Besuchern und von Bewohnerinnen und Bewohnern, um das Einschleusen von Gefahrgut oder gefährlichen Gegenständen auszuschließen. Dies dient natürlich wiederum auch dem Schutz der anderen Bewohnerinnen und Bewohnern. Hierfür darf nun auch rechtssicher die Kleidung durchsucht sowie technisches Gerät wie z.B. Metalldetektoren eingesetzt werden. Generell wurden die Besuchsrechte, vor allem wenn Kinder involviert sind, gestärkt und der Mindestanspruch für Besuchsmöglichkeiten erhöht. Die familiäre Bindung und der Kontakt zu Bekannten sind natürlich wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Therapie der stationär aufgenommenen Menschen. Der Therapieplan, welcher in Absprache mit dem Betroffenen erstellt wird, wurde im Hinblick der angebotenen Freizeitmöglichkeiten explizit um sportliche Aktivitäten ergänzt. Die Religionsausübung haben wir im Ausschussverfahren im Vergleich zum Landesregierungsentwurf ausgeweitet. So darf ein religiöser Seelsorger in Anspruch genommen werden und auch religiöse Schriften oder Besitztümer dürfen mit in die Einrichtung geführt werden.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir einen modernen und selbstreflektierenden Maßregelvollzug gesetzlich fortschreiben und begleiten. Ich bitte um Zustimmung zu den beiden geänderten Entwürfen.“