Dennys Bornhöft zu TOP 21 u.a. „Anträge zum Kinderschutz“
„Die Expertenanhörung des Landtages, die nun zum zweiten Mal stattfand, hat uns Abgeordneten einiges ins Stammbuch geschrieben. Am eindringlichsten waren die Bitten und Forderungen, die jungen Menschen mehr in den Blick bei den Corona-Bekämpfungsmaßnahmen zu nehmen. Kinder und Jugendliche sind mit die größten Leidtragenden der Pandemie. Jedes dritte Kind in Deutschland weist mittlerweile seelische Beeinträchtigungen auf.
Wir reden hier nun nicht davon, dass Abipartys oder Erstie-Wochen nicht richtig stattgefunden haben. Das ist ärgerlich, aber das wird man verkraften können. Wir reden von einer Situation, in der kleinen Kindern ein völlig natürliches Verhalten regelrecht abtrainiert wird. Rauft nicht, spielt nicht zu eng miteinander, nehmt euch nicht in den Arm, ärgert euch nicht gegenseitig, haltet Abstand. Haltet insbesondere Abstand zu alten Menschen, haltet euch fern von euren Großeltern. Eine der beschämensten Ansagen gegenüber Kindern war in der Süddeutschen Zeitung abgedruckt. Eine Lehrkraft wird zitiert, die die eigenen Unterstufenschüler als ‚Pestratten‘ bezeichnete, von denen man sich als Lehrer fernhalten müsse. Im gleichen Artikel wurde eine Schuldirektorin erwähnt, die einem Schüler, der die Stoffmaske vergessen hatte, mit einem Polizeieinsatz gedroht hat. Einzelfälle, aber solche Einzelfälle haben enorme Wirkung und Nachwirkungen.
Kita und Schule sind wichtig für Kinder, die noch so viel an Verhaltensweisen und Interaktionen lernen müssen. Digitalunterricht, gerade in den unteren Klassenstufen, kann nur ergänzend, jedoch nicht ersetzend sein – und das sage ich nicht, weil ich Digitalisierung vielleicht kritisch sehe – das läge mir als Freier Demokrat sehr fern. Ich sage das, weil die Interaktion zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern als auch innerhalb der Schülerschaft digital einfach nicht befriedigend abbildbar ist. Die Expertinnen haben uns auch dargestellt, dass der eigene Hausstand nicht immer das Beste für junge Menschen ist, vor allem dann, wenn die Familienverhältnisse schwierig sind. Die Kontaktbeschränkungen treffen Kinder daher besonders hart, da diese sich ihre häusliche Peergroup eben nicht frei aus- suchen können. Die größte Priorität des Perspektivplanes der Jamaika-Regierung ist daher die frühestmögliche Öffnung von Kitas und Grundschulen – damit sprichwörtlich das Kind gar nicht erst in den Brunnen fällt. Besser ist es nämlich, dass der seelische Zustand von jungen Menschen gar nicht erst beeinträchtigt wird, statt mit Projekten und Therapien nachträglich kuriert werden zu müssen.
Die medizinische Behandlung von Kindern war auch ein größeres Thema bei den Beratungen und Anhörungen zum Landeskrankenhausgesetz. Wir haben eine Regelungslücke gesehen, um die Anforderungen von jungen Menschen stärker im Gesundheitswesen abzubilden. Dies kann jedoch nicht im Landesrecht, sondern muss im SGB V des Bundes geregelt werden, weswegen wir eine Anpassung in unserem Antrag vorschlagen. Die Schieflage für Kinder und Jugendliche verdeutlicht, wie richtig die mehrheitliche Entscheidung dieses Landtages war, eine Forderung zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz gen Bundesebene zu senden.
Wer sich an seine eigene Schulzeit zurückerinnert, wird vielleicht auch damals schon mit dem Thema Mobbing konfrontiert worden sein. Leider ist es auch heute nach wie vor aktuell an Schulen. Zum einen wird Mobbing heute mehr thematisiert, was gut ist. Zum anderen nimmt es aber auch Auswüchse an, die nicht mehr als Dummejungen- oder -mädchenstreich zu werten sind. Wer nun geglaubt hat, durch den Wegfall des Vor-Ort-Unterrichts und den Schulpausen, dass auch das Mobbing aufgehört hat, der irrt. Das Mobbing hat sich nur verlagert, in den digitalen Raum, via WhatsApp, Snapchat, TikTok und andere Kanäle. Das macht es natürlich schwer, nachzuvollziehen und statistisch zu erfassen. Im Gewaltmonitoring an Schulen sollte dieser Bereich aber zukünftig mehr Raum bekommen.
Inhaltlich kann ich so fast fließend zum Bericht der Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche kommen, wo ich mich zu Beginn bei Samiah el Samadoni für die Arbeit und den Bericht 2018/2019 bedanken möchte. Es ist ein gutes, erfreuliches Zeichen, dass der Draht zu den Kindern in den stati- onären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen ein enger geworden ist. Bei den rund 3.000 jungen Menschen im Land, die in einer Pflegefamilie unter- gebracht sind, ist dieser enge Draht noch nicht so ausgeprägt. Hier ist aber festzustellen, dass sowohl für die Kinder in Pflegefamilien als auch bei den Pflegeeltern selbst mehr Unterstützung und Anerkennung möglich sein sollte. Zum engeren Draht könnte die stärkere Nutzung der Kanäle, auf denen sich junge Menschen bewegen, ein Baustein sein. Hilfsangebote via WhatsApp als Erstkontakt müssen breiter in der Öffentlichkeit kommuniziert werden, sodass möglichst jedes Kind im Land weiß, wohin es sich wenden kann, wenn es Hilfe braucht, die sie nicht mit den eigenen Angehörigen besprechen kann.
Abschließend möchte ich erwähnen, dass so mancher Vorfall, wie beispielsweise die Kameraüberwachung, nicht möglich wäre und so mancher noch weniger auf den Gedanken käme, in die Rechte von jungen Menschen einzugreifen, wenn es die besagten Kinderrechte im Grundgesetz gäbe.“